Montessori-inspirierter Alltag mit Kleinkind

Bevor ich ein Kind hatte, konnte ich mit Maria Montessoris Ideen nicht viel anfangen, da ich schlicht und ergreifend zu wenig darüber wusste. Als ich dann beim Stillen zufällig einen Roman über Montessori gelesen habe, kippte ich total in ihre Art, Kindern zu begegnen und den Alltag zu gestalten. Einige Dinge sind aus unserem momentanen Alltag mit 2,5-jährigem Kind gar nicht mehr wegzudenken.

Unser allerliebstes Möbelstück seit mindestens 1,5 Jahren ist der Lernturm. Den Grundgedanken, dass ein Kind alltägliche Abläufe spannender findet, als jedes Spiel und deswegen so viel wie möglich eingebunden werden soll, leben wir eigentlich tagtäglich. Mein Sohn findet vor allem Kochen und Backen spannend, weshalb er sich den Lernturm meist schon selbst holt, wenn ich etwas in der Küche mache. Irgendwas gibt es doch immer zu helfen, schauen und vielleicht sogar kosten 😉 Und weil er so gerne in der Küche hilft, habe ich auch ein Kinder-Küchen-Set für ihn gekauft, bestehend aus verschiedenen kindertauglichen Messern, einem Schäler und anderen Werkzeugen, die in der Küche gerne genutzt werden. Bei uns sind vor allem die Messer und das Holz-Messer, das ein bisschen aussieht wie ein Wiegemesser, in Verwendung.

Auch seit Ewigkeiten heiß geliebt wird das Bücherregal von meinem Sohn. Das hat er schon vor einiger Zeit bekommen, vom Opa selbst gebaut. So kann mein Sohn jeden Tag aussuchen, welche Bücher er anschauen oder vorgelesen haben möchte. Das Regal besteht aus vier IKEA Gewürzregalen „Bekväm“, die wir aus unserer alten Wohnung übrighatten. Die Regale hat mein Papa an ein Holzbrett als Rückwand geschraubt. Auf der linken Seite ist außerdem noch ein Brett als Seitenteil. Rechts nicht, weil da ist eine Wand. Damit das Regal nicht kippen kann, hat er es an unserer Fernsehkommode montiert (und das sogar so, dass wenn mein Sohn zu alt für das Regal ist, man es ohne Löcher und Rückstände wieder abnehmen kann). Seit das Regal in unserem Wohnzimmer ist, vergeht kein Tag, wo der Kleine nicht davorsteht oder sitzt und Bücher studiert. Alle paar Wochen tausche ich die Bücher darin aus und sorge so für Abwechslung (das ist vor allem beim Vorlesen wichtig, sonst kann man einige Bücher nach kurzer Zeit auswendig…).

Im Badezimmer hat mein Sohn seinen eigenen Waschtisch. Ursprünglich aus der Not heraus entstanden, da ich keinen zweiten Lernturm im Badezimmer haben wollte, er aber noch zu klein für sämtliche Stockerl war (weil unsere Waschbecken sehr tief sind), erleichtert uns der Kinderwaschtisch das tägliche Händewaschen enorm.

Den Waschtisch haben wir sogar selbst gebaut: Dafür hat mein Papa in einen alten Sessel ein Loch gesägt. In dieses haben wir eine Emaille-Schüssel gelegt. Für das Wasser haben wir einen Getränkespender aus Glas genommen, der oben zum Nachfüllen ist. Sicherheitshalber hat ihn mein Papa mit einer Kette befestigt, damit er nicht vom Sessel fällt und zerbricht. Außerdem hat er an die Sessellehne einen Haken für das Handtuch montiert.

Anfangs hat mein Sohn den Waschtisch vor allem dafür genutzt, Wasserspiele zu veranstalten. Jetzt, wo er aber mehrmals täglich im Kindergarten Hände waschen muss, nutzt er ihn gerne auch für seinen eigentlichen Zweck. Der Waschtisch steht direkt neben der Badewanne, sodass mein Sohn die Wasserschüssel auch jederzeit selber einfach dort ausleeren kann.
Für mich ist die Waschtisch-Konstruktion eine riesige Erleichterung des Alltags, da ich mich nur runterbeugen muss, um ihm gegebenenfalls zu helfen und ihn nicht mit nur zwei Händen hochheben, zum Wasserhahn halten, ihm Seife geben, abspülen und abtrocknen muss.

Ich bin selbst ein großer Freund meines Kalenders und der damit verbundenen To-Do-Liste. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich täglich in meinen Papierkalender schaue. Deshalb dachte ich, würde es vielleicht auch meinem Sohn helfen, wenn er einen kindertauglichen Tagesplan hat, der ihm Halt und Orientierung gibt. Und tatsächlich ging dieser Plan auf: ich habe einen Wochenplan als Magnettafel gekauft, bei dem die gängigsten Aktivitäten bereits als Magnete dabei waren. Für die Planung einer ganzen Woche ist mein Sohn noch zu klein, aber den aktuellen Tag füllen wir immer so mit Magneten an, dass er einen Überblick hat, was so ungefähr passieren wird. Jeden Tag in der Früh ist das erste, was er tut, zum Plan laufen und schauen, was heute wohl ansteht. Auch untertags geht er mehrmals zum Kontrollieren, wo wir gerade im Ablauf sind. Ich habe das Gefühl, dass ihm das Sicherheit gibt und es ihm auch leichter fällt, Aktivitäten anzunehmen/umzusetzen, da es kaum Überraschungen gibt.
Natürlich fehlen bei allgemeinen Magneten einige, die man vielleicht im eigenen Leben braucht, deshalb habe ich einige nachgebastelt. Etwa die wichtigsten Personen in seinem Umfeld, Aktivitäten der Eltern (zum Beispiel hänge ich ihm immer auch auf den Plan, wenn ich abends zum Tanztraining gehe und deswegen nicht da bin). Dafür habe ich passende Grafiken im Internet gesucht, ausgedruckt, laminiert und mit einem Magnetklebeband versehen. Auch für meinen Sohn musste ich schon einige Magnete nachbasteln. Er hat zum Beispiel eingefordert, dass Dinge wie Zähne putzen, anziehen, Pyjama anziehen etc auch aufgehängt werden. Und tatsächlich ist es seither viel einfacher, ihn zu diesen Dingen zu motivieren.

Den Tagesplan nutze ich auch gerne, um ihm zu zeigen, wie lange etwas noch dauert. Wenn er sich beispielsweise schon freut, dass am Sonntag ein bestimmter Besuch kommt, hänge ich diesen Besuch als Fotomagneten schon einige Tage vorher auf den Platz vom Sonntag, sodass er sieht, wie viele Tage (bzw. wie oft er noch schlafen muss) bis dahin vergehen müssen.

Für kürzere zeitliche Spannen haben wir einen visuellen Timer. Der ist für Medienzeit, aber auch für Zeitspannen wie „Wann kommt Papa endlich nach Hause?“ oder „In einer halben Studne gehen wir ins Bett“ super. Dort kann man maximal eine Stunde einstellen. Die eingestellte Zeit wird durch einen Regenbogen visualisiert, der immer kleiner wird. Sobald er weg ist, läutet die Uhr und mein Sohn weiß, jetzt ist die Zeit um. Das nutzen wir erst seit kurzem, aber kommt auch gut an. (Man kann auch einstellen, dass die Uhr bei Zeitablauf nicht piept, sondern nur leuchtet.)

Noch mehr Ideen finden sich in diesem Buch: „Montessori für die Kleinsten“ von Sylvie D’Esclaibes und Noémie D’Esclaibes. Darin gibt es 70 Übungen für Motorik, Sinne, Sprache und Mathematik für Kinder bis ca. 3 bis 4 Jahre, wobei manche Übungen auch noch für größere Kinder interessant sein können. Nach einem kurzen Vorwort gibt es drei Kategorien: Motorische Entwicklung, Entwicklung der Sinne, Sprachentwicklung und Logisch-mathematisches Denken. Die Ideen reichen von alltäglichen Handlungen wie Gefäße öffnen, Nähen lernen, Dinge auffädeln oder ins passende Gefäß stecken (zum Beispiel einen Strohhalm in ein Glas), aber bieten auch praktische Tipps wie man mit seinem Baby etwa das Aufstehen oder sicher gehen üben kann. In der Kategorie „Entwicklung der Sinne“ sind viele Variationen von sortieren, zuordnen und (be)greifen enthalten. Besonders spannend fand ich das Kapitel zum Mathematischen Denken, da mein Sohn gerade sehr gierig aufs Zählen ist. Da gibt es ein paar Ideen, wie man Zahlen visualisieren und mit einfachen Spielen mehr Gefühl dafür bekommen kann.

Mit vielen Fotos zur Umsetzung ist das Buch auch schön gestaltet. Für uns war zum Beispiel das Kapitel zur sprachlichen Förderung uninteressant (bzw. vielleicht einfach zu spät, weil mein Sohn schon sehr lange spricht), aber andere Ideen waren neu für uns. Insofern bin ich sicher, dass für jeden die ein oder andere hilfreiche Übung dabei ist 🙂

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