Seit ich den Roman über Maria Montessori gelesen und dadurch verstanden habe, dass Montessori-Pädagogik keine hippe Modeerscheinung, sondern eigentlich ziemlich cool und elementar ist, beschäftigte ich mich ein bisschen mehr mit dem Thema. Vor allem auch, weil es jetzt für mich relevant ist und ich einige Dinge für meinen Sohn übernehme.

Wenn man bedenkt, dass Maria Montessori im 19. Jahrhundert geboren wurde, waren ihre Ideen ziemlich revolutionär. Kindern nicht alles abzunehmen, sondern ihnen zu helfen, es selbst zu tun, war wohl ihr bekanntester Grundsatz. Auch, dass sich ein Kind nicht der Umgebung anpassen soll, sondern eine kindgerechte Umgebung geschaffen werden soll, damit sich das Kind frei entfalten kann, ist auf Montessori zurückzuführen.
„Hilf mir, es selbst zu tun. Zeige mir, wie es geht. Tu es nicht für mich. Ich kann und will es allein tun. Hab Geduld, meine Wege zu begreifen. Sie sind vielleicht länger, vielleicht brauche ich mehr Zeit, weil ich mehrere Versuche machen will. Mute mir Fehler und Anstrengung zu – denn daraus kann ich lernen.“ – Maria Montessori
Montessori für Zuhause
Was ich immer ein bisschen absurd finde: Montessorispielzeug gibt es im Internet zuhauf, meist auch gar nicht billig. Dabei ging Maria Montessori mit einem Sack Haushaltsgegenständen zu Kindern einer Irrenanstalt, um sie zu beschäftigen und den Alltag begreiflich zu machen. Und genau das ist es auch, was man bei Babies beobachten kann. Spielzeug ist lang nicht so interessant, wie das echte Leben. Wenn mein Sohn zwischen seinem Spielzeug und „unseren“ Sachen wie Fernbedienung, Zahnbürste, Stiften oder Zeitungen wählen müsste, würde sein Spielzeug in der Ecke landen. Deswegen habe ich ihm auch ein Montessori-Körbchen zusammengestellt, mit immer wieder wechselndem Inhalt.
Hier ein paar Ideen, was man in das Körbchen geben kann: Kochlöffel, Backformen, Plastikbesteck/geschirr, Babybürste, Sieb, Trocknerball, Tupperdose, …
Mein Sohn hat diebische Freude dabei, das Körbchen in aller Ruhe auszuräumen und jeden Gegenstand mit all seinen Sinnen zu erkunden. Tatsächlich beschäftigt er sich teilweise länger und lieber damit, als mit singenden Autos oder rasselnden Teddybären.
Aus einer alten Zupf-Taschentuch-Box, die ich nicht wegwerfen wollte, weil ich die abgebildeten Illustrationen so süß fand, habe ich auch etwas zum Erforschen gemacht. Mein Sohn liebt es, Sachen auszuräumen. Deswegen habe ich bunte Stoffreste in die Taschentuchbox gegeben, sodass er sie immer wieder rausziehen, anschauen, in den Mund stecken und entdecken kann.
Zu guter Letzt habe ich auch immer wieder gelesen, dass man einfach Gefäße mit trockenen Lebensmitteln als Rassel füllen soll. Da es mir aber widerstrebte, Lebensmittel dafür zu verwenden, habe ich einfach eine Flasche mit überzähligen Plastikkugeln gefüllt. Hätte ich die nicht schon länger herumliegen gehabt, hätte ich vermutlich Kieselsteine genommen.
Was ich mir außerdem noch vorgenommen habe: ein Motorikboard. Da unser Kleiner noch nicht ganz alt genug dafür ist, bauen wir noch in Ruhe dran. Sobald es aber fertig ist, teile ich es hier natürlich.




Buchtipp: Lehrerin einer neuen Zeit
Für einen leichten Einstieg in die Gedankenwelt von Maria Montessori kann ich „Lehrerin einer neuen Zeit“ von Laura Baldini wärmstens empfehlen. Eigentlich mag ich weder Bücher noch Filme, die weit in der Vergangenheit spielen, aber dieses Buch ist mir wahrlich in die Hände gefallen. Der Roman erzählt von Montessoris Leben, beginnend in der Studienzeit. Im Fokus steht die Entwicklung einer jungen, starken Frau in einer noch sehr von Männern dominierten Welt. Schnell kann sie aber zeigen, dass auch sie eine großartige Wissenschaftlerin ist und mit ihren modernen Erziehungsmethoden dafür sorgen kann, dass sich Kinder besser entwickeln.
Obendrein – wie könnte es anders sein? – lernt Maria einen aufregenden Arztkollegen kennen, der nicht nur in der Arbeit für Abwechslung sorgt.
Inhalt
Rom, 1896. Maria Montessori hat als erste Frau Italiens Medizin studiert. Als sie in einer psychiatrischen Klinik zum ersten Mal „schwachsinnigen“ Kindern begegnet, ist sie erschüttert und weiß, dass man Kinder nicht einfach wegsperren kann. Sie müssen gefördert werden. Als sie ihnen Spielzeug gibt, wird ihre Neugierde geweckt. Und siehe da, auch „schwachsinnige“ Kinder können etwas lernen. Viel noch dazu.
Der Roman ist so leichtfüßig geschrieben, dass man (auch wenn man sonst Geschichten aus der Vergangenheit nicht so gerne mag) schnell in die Geschichte eintaucht. Maria Montessori ist ein sehr sympathischer Charakter. Auch wenn sie privilegiert aufgewachsen ist, hat sie es nicht leicht, sich gegen einige Männer durchzusetzen. Hin und wieder mag sie etwas egozentrisch wirken, aber ich denke, das darf eine starke Frau, die etwas bewirken will, auch mal.
Natürlich ist der Roman keine historische Abhandlung oder ein Fachbuch. Insofern darf man sich nicht erwarten, durch das Lesen zur Montessori-Pädagogin zu werden. Dennoch würde ich „Lehrerin einer neuen Zeit“ sehr empfehlen, wenn man eine Grundidee über Maria Montessori und ihre Arbeit bekommen möchte. Schade ist nur, dass es keinen zweiten Band gibt. Das Ende der Geschichte ist nämlich eigentlich erst der richtige Anfang ihrer Karriere als Pädagogin.

Buchtipp: Praxisbuch für zuhause
Das Buch „Montessori Ideen für zu Hause“ von Chiara Piroddi beinhaltet einige tolle Anleitungen für Kinder von 1 bis 6 Jahren. Inspiriert von Prinzipien der Montessori-Methode, kombiniert die Psychologin Piroddi interessante Denkanstöße und praktische Vorschläge für Tätigkeiten zu Hause und im Freien, die die kindliche Entwicklung bestmöglich fördern, indem sie Kinder in ihrer Selbstständigkeit und inneren Sicherheit bestärken.
„Maria Montessori entwarf ihr pädagogisches Konzept ausgehend von einer Reflexion über die Bedeutung der Kindererziehung und ihres unschätzbaren Wertes für die Gesellschaft, denn sie bildet die Grundlage für ein friedliches Leben in einer besseren Welt. Das Kind hat ein grenzenloses kognitives und emotionales Potenzial, das in einer von Vertrauen, Respekt und Liebe getragenen Beziehung den Raum und die Möglichkeit hat, sich optimal zu entfalten.“
Nach Einleitung, historischem Hintergrund und Grundgedanken der Montessori-Pädagogik, folgen Tipps, wie Eltern die Lernfenster ihrer Kinder erkennen, wie sie ein geeignetes Umfeld für Kinder schaffen können und welche Haltung sie im gemeinsamen Spielen einnehmen. Gut finde ich auch, dass die einzelnen Räume von Zuhause mit vielen Tipps für eine kindgerechte Umgebung aufgelistet sind.
Bevor konkrete Aktivitäten vorgestellt werden, wird auch noch erklärt, wie man Montessori-Spielmaterial für Kinder aufbereiten und welche Informationen man geben soll. Alles ist zwar fachlich gut erklärt, aber dennoch leicht verständlich und insgesamt so beschrieben, dass man auch beim schnellen Lesen sehr viel für den Alltag mit Kind mitnehmen kann.
Die einzelnen Anleitungen und Ideen sind grafisch schön und übersichtlich gestaltet. Sowohl nach unterschiedlichen Themen bzw. Fähigkeiten als auch nach Altersstufen geordnet, findet man sich gut zurecht. Gut finde ich auch (aber das liegt wohl in der Natur der Sache), dass sich die Ideen einfach im Alltag und mit Gebrauchsgegenständen umsetzen lassen.

Ich hätte nie gedacht, dass ich eines Tages Montessori so cool finden würde – zugegeben, ich habe mich auch nie ernsthaft damit beschäftigt und daher leider zu schnell in eine Schublade gesteckt. Jetzt freue ich mich, mit meinem Sohn gemeinsam auf Augenhöhe die Welt zu entdecken.
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