In den Weihnachtsferien war ich bei der Familie von meinem Freund im Salzkammergut. Dort sind weihnachtliche Traditionen noch viel mehr vertreten als bei mir zuhause. Weil ich eine so schön fand, stelle ich sie euch hier vor. Nämlich die sogenannte Kripperlroas. Auf Hochdeutsch bedeutet das Krippenreise. Was das genau ist, erklär ich euch jetzt.
In Haushalten in Ebensee am Traunsee ist es Brauch, kurz vor Weihnachten eine Krippe aufzustellen. Ich weiß, das ist jetzt noch nicht so besonders, das machen viele. Aber es gibt einen eigenen Katalog, wo drinsteht wo es in Ebensee Krippen zu sehen gibt. So kann man, wenn man möchte, von Haus zu Haus gehen und sich die verschiedensten Krippen anschauen. Dazu nimmt man vielleicht einen Schnaps mit und setzt sich mit den Eigentümern zusammen und tratscht ein bisschen. Mittlerweile kommen da aber ganze Busse an Menschen, also ist das mit dem Schnaps für jeden ein bisschen unwahrscheinlich. Das Besondere daran: die Krippen sind allesamt Ebenseer Landschaftskrippen. Das heißt, sie stellen nicht den Orient dar, sondern tun so als wäre Jesus im Salzkammergut auf die Welt gekommen. Die Landschaft und die Häuser sind also Ebensee in Kleinform und nicht Bethlehem.
Bei meinem Schwiegeropa ist das so: mein Freund muss jedes Jahr am Wochenende vor Weihnachten zu ihm kommen und die Krippe aufstellen helfen. Das dauert einen ganzen Tag. Die Krippe wird im extra dafür hergerichteten Krippenstüberl aufgebaut. In diesem Stüberl steht auch ein Tisch und ein Kachelofen. Kommt jemand um die Krippe anzuschauen, wird extra eingeheizt. Früher war es ganz normal, dass Freunde des Hauses mit Schnaps und Keksen gekommen sind um sich die Krippe anzuschauen. Ganz nebenbei ist man dann die halbe Nacht um den Tisch herumgesessen und hat sich über alles Mögliche unterhalten.
Heute ist das bei meinem Schwiegeropa leider anders. Die Menschen, die seine Krippe sehen möchten, werden immer weniger. Er steht mit seiner Krippe nämlich nicht im offiziellen Katalog, weil ihm ganze Busse an Menschen zu anstrengend wären. Seine Krippe ist also ein Geheimtipp. Allerdings so geheim, dass nur ganz Wenige vorbeikommen. Umso spannender war es für mich, heuer mal Gast in der Krippenstube zu sein. Und mein Schwiegeropa hat sich auch über den Besuch gefreut. Jedes Jahr kam es mir ein bisschen komisch vor, warum mein Freund einen ganzen Tag Krippe aufbauen kommen muss und dann vor Maria Lichtmess wieder einen ganzen Tag abbauen muss. Aber hinterfragt habe ich es nie. Jetzt weiß ich warum: die Krippe ist einfach so groß. Mein Schwiegeropa hat mir stolz erzählt, dass sie fast 4 Quadratmeter groß ist und ungefähr 150 Figuren umfasst. Da gibt es nämlich nicht nur Maria, Josef, das Jesuskind, ein Schaf, einen Ochsen und einen Hirten. Nein, das ist ein ganzes Dorf mit Häusern, Tieren und vielen Menschen. Da gibt es zwei wunderliche Nachbarn, einen Urban mit der Leinwand, einen Weintraubenträger, ein Kind das bei seiner Mama mitgehen möchte oder auch mit seinem Papa – alles traditionelle Figuren aus Ebensee. Und alle sind handgeschnitzt.
Grundsätzlich dachte ich, dass so eine Krippe eigentlich nicht so spannend sein kann. Aber ich fand die Krippe so schön, dass ich mich schon freue, nächstes Jahr nochmal zu Besuch zu kommen. Ich als fast-Stadtkind hab noch nie so eine große Krippe gesehen – und die Tradition dahinter ist einfach bezaubernd. Wer also nächstes Jahr die Möglichkeit hat, eine echte Ebenseer Krippe zu sehen, der sollte das unbedingt tun!