Die fünfte Jahreszeit

Am Wochenende fand die Welturaufführung der BaRock-Oper „Vivaldi – Die fünfe Jahreszeit“ von Christian Kolonovits in der Wiener Volksoper statt. Seit über einem Jahr freute ich mich drauf und war schon wahnsinnig gespannt. Meine Erwartungen waren dementsprechend hoch – und wurden mindestens erfüllt, wenn nicht sogar übertroffen.

© barbara pálffy / volksoper
© Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Vivaldi erzählt eine Geschichte, die am Leben des Antonio Vivaldi angelehnt ist. Eine Mädchenband reist nach Wien, um die letzten Noten Vivaldis zu finden. Stattdessen finden sie jedoch ein Tagebuch von Paolina, die gemeinsam mit ihrer Schwester Annina bei Vivaldi lebte. Die Geschichte beginnt mit dem alten Vivaldi, der, von seiner Muse verlassen, ausgebrannt und ohne Inspiration ist. Doch gemeinsam mit Carlo Goldoni möchte er eine neue Oper schreiben, über sein Leben. Vivaldi kann sich nicht mehr allzu gut an seine Jugend erinnern, weswegen Goldoni einfach manche Dinge dazu erfindet. Das ganze Stück ist also als Stück im Stück aufgebaut.

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© Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Goldoni sitzt am Bühnenrand und schreibt (beziehungsweise gibt später Regieanweisungen), während Vivaldi auf der Bühne sein Leben aufführt. Als Kind wurde er von seiner Mutter an Kardinal Ruffo verkauft, der aus Vivaldi den „roten Priester“ machte. Wegen einer vorgegebenen Weihrauchallergie kann Vivaldi diesen Beruf jedoch nicht ausüben, und wird kurzerhand zum Musiklehrer einer Mädchenschule. Er lebt gemeinsam mit seiner Muse Annina und deren Schwester Paolina, was natürlich von der Kirche nicht unbedingt gebilligt wird. Nach großen gemeinsamen Auftritten mit der Sängerin Annina und dem Chor der Mädchenschule bekommt Vivaldi ein Auftrittsverbot. Er reist nach Rom, wo Annina nicht auftreten darf. Stattdessen will Ruffo den Kastraten Cafarelli auf der Bühne sehen. Vivaldi tritt nicht für seine Annina ein, woraufhin sie ihn verlässt. Am Ende reist er nach Wien, um für den Kaiser eine Oper zu komponieren. Der Kaiser stirbt aber vor der Fertigstellung. Vivaldi stirbt ein Jahr später, völlig verarmt.

Die Musik von Christian Kolonovits ist vielschichtig, kraftvoll, und manchmal auch ganz zart. Immer wieder sind in die BaRock-Oper musikalische Zitate an Vivaldi eingewoben. Die Geschichte wird unterhaltsam und gefühlvoll erzählt. Für mich jedoch ist die Rahmenhandlung mit der Mädchenband unnötig, wo es doch eh noch eine weitere Rahmenhandlung mit Goldoni gibt. Die Mädchenband bricht auch im musikalischen Sound und passt so gar nicht zum Rest des Stücks. Ich fände es einen wunderschönen Einstieg mit der Auftrittsarie von Vivaldi „Ausgebrannt“. Die Texte sind teilweise platt und haben viele opernhafte Wiederholungen in den Dialogen.

© barbara pálffy / volksoper
© Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Die Wiener Volksoper, die bei Musicals sonst eher mit Soundproblemen zu kämpfen hat, zaubert einen vergleichsweise guten Sound. Die Musicalstimmen von Drew Sarich und Boris Pfeifer sind klar und gut zu verstehen. Die Opernstimmen sind leider nicht immer ganz deutlich. Das Bühnenbild ist eine drehbare Bühne auf der Bühne, die mich an das Musical Schikaneder erinnert. Die Kostüme sind auffällig, bunt und sehen wahnsinnig aufwändig aus.

Aber die Stars des Abends sind natürlich die Sänger und Sängerinnen auf der Bühne: Allen voran Titelheld Drew Sarich, der in Top-Form ist. Christian Kolonovits schrieb einfach großartige Lieder für ihn – bei jedem Ton zeigt Drew, was er kann, und man hört, dass es seiner Stimme auf den Leib geschrieben ist. Er ist gemeinsam mit Boris Pfeifer fast pausenlos auf der Bühne. Auch er spielt und singt den Carlo Goldoni toll. Morten Frank Larsen spielt den Ruffo überzeugend. Die beiden Schwestern Annina und Paolina, gespielt von Rebecca Nelsen und Julia Koci, singen einige schöne Arien. Diese drei genannten kommen eigentlich aus der Oper, und singen auch dementsprechend. Meine Musicalohren müssen sich daran erst noch etwas gewöhnen. Doch auch Chor, Jugendchor und Orchester leisten ihren großen Beitrag zum Erfolg des Stücks.

Das Premierenpublikum war – wie ich auch – sehr begeistert. Mein Fazit ist daher: unbedingt anschauen! Das Stück, in Kombination mit Drew Sarich in der Titelrolle, ist etwas ganz Eigenes, Großartiges. Auch wenn die Musik zwischendurch opernlastig ist, was nicht immer ganz meines ist, ist es genauso rockig und musicalhaft. Christian Kolonovits ist ein großes Meisterwerk gelungen.

© barbara pálffy / volksoper
© Barbara Pálffy/Volksoper Wien

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