Habt ihr schon eure Tickets für das Konzert von Drew Sarich und das Endwerk-Orchester am 6. September im Wiener Stadtsaal? Zur Einstimmung auf das Konzert übernächste Woche habe ich ein exklusives Interview mit Drew Sarich für euch.
Dass ich das Interview geführt habe, ist schon eine kleine Weile her. Aber es passt so gut als Teaser zum Konzert, deswegen teile ich es jetzt erst mit euch. Es war mein erstes großes Interview, das mir wirklich wichtig war. Auch wenn ich anfangs ein bisschen nervös war – Drew war so cool drauf, wir hätten vermutlich noch ewig weiterreden können.
Was war deine Intention zu „Let him go“, deinem neuen Album?
Drew: Es klingt immer sehr nach einem Klischee, zu sagen, ich wurde 40 und ich habe Angst, dass ich noch nicht alles erlebt habe – stimmt aber irgendwie. Man spürt so ein Kribbeln im Bauch und dann kommt die Frage „War das alles?“. Ich muss aber auch sagen, ich habe mich sehr früh in einen Roman verliebt, namens „Unterwegs“ von Jack Kerouac, auf Englisch heißt er „On the road“. Das war ein Buch, das jeden Jungen gezwungen hat, auf die Reise zu gehen. Blue Jeans zu kaufen und auf die Reise zu gehen. Die Geschichte erzählt von einem Typen, der irgendwann aufwacht und merkt, es ist alles festgefahren und ich mag mich nicht, ich mag meine Situation nicht. Und er sagt „Scheiß drauf, ich fahr einfach, ich fahr einfach weg.“ Und es wurde so unglaublich romantisch erzählt, dass jeder sagt, „Boah das brauch ich! Ich brauch ein altes Cabrio, ein Paar Jeans und den Highway.“ Und so habe ich angefangen zu überlegen, was ich erzählen könnte. Die Lieder sind nicht unbedingt autobiografisch, wobei einiges von mir drin ist. Aber ich hab Situationen überlegt, was wäre wenn – das mag ich. Das kommt davon, dass ich aus dem Theater komme, dass ich nicht unbedingt sage, die Lieder müssen mein Leben repräsentieren, sie müssen einfach eine Szene darstellen.
Warst du selber auf einem Roadtrip?
Drew: Immer wieder! Nicht so wie Jack Kerouac, aber immer wieder. Wir sind als Familie, als ich aufgewachsen bin, jeden Sommer von St. Louis entweder nach Hilton Head, South Carolina oder nach Florida gefahren. Das sind 16 Stunden. Und dann, als ich studiert habe, bin ich mit meinem Vater jeden Sommer, oder jeden Herbst, von St. Louis nach Boston gefahren – das sind 22 Stunden. Und das haben wir geliebt. Ich sag immer ein guter Gesprächspartner, gute Musik und eine angenehme, gerade Fahrt, da gibt es wenig Besseres. Und die Geschichten, die man erzählt von Roadtrips, sind die, die dein ganzes Leben lang feststecken in dir. Ich bin immer wieder von Boston nach New York gefahren, als ich am College war, zum Vorsingen. Und ich bin immer mit dem Bus gefahren, weil das billig war. Die Situationen, wenn du im Bus sitzt, mit 20 wildfremden Menschen – was da abgeht, ist so schön. Und die Geschichten bleiben für immer.
Du bist Musicaldarsteller von Beruf, du machst beruflich viel Musik und dann auch noch deine eigene Musik – was ist dir wichtiger?
Drew: Also ich würde sagen, meine Musik schon, aber das wäre, wie wenn man jemanden fragen würde, wer ist dein Lieblingskind. Hoffentlich sind die Rollen, die ich spiele, auch Teil von mir, auch wenn ich sie nicht geschrieben habe. Ich unterscheide ungerne. Ich weiß es nicht genau. Meine Projekte mit meinen Liedern, also das bin ich. Und es könnte nicht mehr ich sein. Das verlangt ein gewisses Selbstbewusstsein, und das habe ich nicht immer. In einer Rolle, da versteckst du dich und das ist okay. Aber wenn du dein Projekt präsentierst, dann stehst du wirklich nackt vorm Publikum. Und wenn es nicht so läuft, wie du es dir vorgestellt hast, dann ist es furchtbar. Es ist furchtbar. Aber wenn es klappt, dann ist es besser als Sex und Schokolade, dann gibt es nichts Besseres.
Das heißt, du brauchst auch deine eigene Musik?
Drew: Ich brauch es schon. Musik hat mich gerettet.
Vor?
Drew: Vor dem Tod, vor dem Leben. Sagen wir mal, 11 bis 13 waren keine guten Jahre für mich. Das passiert. Jeder fühlt sich mal nutzlos und hässlich und ungewollt und unwichtig. Zum Glück hatte ich Musik. Das ist auch etwas, was geblieben ist. Aber ich konnte mich eigentlich nur musikalisch artikulieren. Manchmal funktioniert es besser, mittlerweile mit 40, dass ich mich artikulieren kann. Aber es gibt immer eine musikalische Metapher. Wenn ich mit jemandem spreche über Situationen und Erfahrungen, dann gibt es immer drei bis vier Lieder, wo ich denke „Dieses Lied passt genau zu diesem Moment!“, weil ich mich da gefunden hab.
Du brauchst deine Musik, aber braucht deine Musik auch Publikum?
Drew: Nicht unbedingt. Also ja schon. Ich bin froh, dass Menschen kommen. Aber Songs zu schreiben war ein Experiment. Ich hab immer in Bands gespielt und war der Gitarrist. Knapp bevor ich nach Europa gezogen bin, fing ich an, damit zu spielen. Also war es ein Experiment. Und dann war der nächste Schritt: gefällt es irgendjemandem, das was ich tue? Und es ist noch immer so. Ich gehe zu Titus, zu meinem Produzenten, mit einem Haufen Lieder und frag: „Magst du das?“ und ich hoffe nur dass er ja sagt. Es gibt Lieder die mir wahnsinnig wichtig waren oder sind, und ich sag „Das wird der Knaller!“ und der Titus hört die Nummer an und sagt „Meh…“. Ich glaube, meine Beziehung zur Musik ist viel mehr selbstbezogen. Ich brauche die Musik viel mehr, als die Musik mich braucht.
Du hast ja grad in Wien als Musicaldarsteller voll viele Fans, in Wien ist das ja was Besonderes. Wird dir das manchmal zu viel?
Drew: Nein. Ich bin immer froh, dass das was ich tue, irgendjemandem gefällt. Es ist ein anderes Leben in Europa. Es ist ein ganz anderes Leben in Wien, im Vergleich zu New York. Da gibt’s auch viele Fans und Menschen, die das mögen. Es ist aber anders. Ich hab Jean Valjean in Les Miserables gespielt am Broadway und ich war ganz stolz, weil sich ein Kreis für mich geschlossen hatte. Les Miserables war ein ganz wichtiges Stück für mich. Und ich hab‘s erreicht, ich hab‘s gespielt und irgendwann kam ich aus dem Theater raus und da war ein Haufen Menschen die gerade die Show gesehen haben, weil die Touristen immer nach New York kommen. Autogramme, Autogramme. Und eine junge Frau kam zu mir und sagte: „Können Sie mir ein Autogramm geben?“ – „Ja, gerne!“ – und dann sagte sie: „Wen haben Sie gespielt?“. Naja, es ist anders. Ich versteh es nicht immer so ganz, wie Menschen für bestimmte Shows abgehen. Sachen wie Tanz der Vampire oder Jesus Christ, das gibt’s nicht, das gibt’s einfach nicht. Ich bin nur froh, dass ich dabei bin.
Wohin geht deine Reise weiter? Deine persönliche, musikalische Reise?
Drew: Uh, also das weiß ich nicht. Ich hab Ende letzten Jahres angefangen, neue Lieder zu schreiben. Mein neues Experiment wäre etwas Positives zu schreiben, weil ich einfach ein wahnsinnig positiver Mensch bin. Und ich glaube, das braucht man auch. Damit man ausgeglichen bleibt, muss man die Wolken auch mögen. Aber das neue Projekt, hoffe ich, wird etwas sonniger – auch vom Sound her anders. Vielleicht sogar ein bisschen poppiger, nicht so trocken, amerikanisch, Country, dunkel. Sondern Lieder über Menschen, die die Sonne suchen.
Wer jetzt also Lust auf den Roadtrip mit Drew bekommen hat, sollte sich noch schnell Tickets für den 6. September im Stadtsaal sichern! Ich hab‘ meine schon – so einen Abend darf man eigentlich nicht verpassen! Und wer Ausschnitte aus dem Interview hören möchte, kann das hier tun.
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