Wie es meine Ostertradition verlangt, war ich auch heuer wieder in Jesus Christ Superstar im Wiener Ronacher. Was wäre schon eine Karwoche ohne dazu passendes Musical? Gestern war Generalprobe, und ich war schon sehr gespannt auf die neue Inszenierung.
(c) Musicalvienna / VBW
Wie jedes Jahr spielen die Vereinigten Bühnen Wien rund um Ostern das Musical Jesus Christ Superstar von Andrew Lloyd Webber. Eigentlich sind die Eckdaten wie immer: semikonzertant, Orchester auf der Bühne, Drew Sarich und Sasha Di Capri in den Hauptrollen. Doch die musikalische Leitung mit Carsten Paap und die Inszenierung von Alex Balga waren neu. Ich hatte ein bisschen Bauchweh, da Alex Balga letzten Sommer auch Hair in Amstetten inszeniert hat und das fand ich schlicht und ergreifend schlimm. Aber ich muss gleich zu Beginn sagen: bei Jesus Christ Superstar ist zum Glück viel beim Alten geblieben. Die Inszenierung ist zwar moderner als im letzten Jahr, aber damit habe ich schon gerechnet. Trotzdem bräuchte ich keine Smartphones, Laptops und Gewehre auf der Bühne.
Die Titelrolle wird wieder von Drew Sarich verkörpert und – auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole – er macht das großartig. Er ist einfach mein Lieblingsjesus. Auch der Judas ist altbekannt. Sasha Di Capri spielt den Widersacher gut, gesanglich ist er mir leider zum Teil zu rockig und kratzig, wobei das natürlich gut zur Rolle passt. Aber manchmal ist es für meinen Geschmack etwas zu übertrieben. Barbara Obermeier habe ich noch nie als Maria Magdalena gesehen, aber sie passt perfekt in diese Rolle. Sie spielt so sanft, manchmal wie ein Engel.
Andres Kammerzelt als Kaiphas, Vini Gomes als Simon, Christopher Dederichs als Petrus, Nicolas Tenerani als Herodes und Charles Kreische als Annas liefern allesamt eine solide Leistung. Es ist ein Genuss, dem ganzen Ensemble und ihrer Freude an der Sache zuzuhören und zu sehen. Nur Filippo Strocchi ist ein bisschen ausdruckslos als Pilatus, wobei er gesanglich auch sehr gut ist.
Die Produktion ist den Vereinigten Bühnen wirklich gelungen. Einen großen Teil macht da natürlich das tolle Orchester unter Carsten Paap aus. Das Arrangement ist rockig, so wie man es gewohnt ist, teilweise ist die Instrumentierung anders als bei Koen Schoots. Und, was mir immer sehr wichtig ist: der Sound war topp. Auch in den Logen, wo mir die Musik meist zu leise ist, habe ich wirklich gut gehört und es kam genauso rockig rüber, wie ich es mir erhofft habe.
Im Hintergrund gibt es Projektionen, die teilweise wirklich cool sind, teilweise aber auch überzogen. Außerdem ist es, soweit ich mich erinnern kann, die erste Inszenierung von Jesus Christ Superstar, die ich gesehen habe, in der Jesus wirklich gekreuzigt wird. Besonders das Ende ist dramatischer gestaltet als in den letzten Jahren, was ich aber gut finde. Mich hat der verletzte Jesus am Kreuz wirklich berührt, auch wenn ich sonst nicht so biblisch bin.
Alles in allem kann man sagen, dass es auf jeden Fall einen (oder mehrere) Besuche wert ist. Und: heuer ist, obwohl es natürlich immer noch semikonzertant ist, generell mehr Inszenierung vorhanden.
(Leider gibt es von der heurigen Produktion noch keine Fotos von den VBW)
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